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Jung­stein­zeit­liche Gesichtsflasche
Viele Grabbeigaben zeu­gen von den geisti­gen Vor­stel­lungen früher Völker. So auch die Gesichts­flasche aus Klein­fahner im Landkreis Erfurt. Können Sie das Gesicht unter dem Rand der Flasche ent­decken? Nase, Augen und Augen­brauen tre­ten halb plas­tisch her­vor. Die untere Gesicht­shälfte bil­det ein rechteckiges Feld mit hal­brunden Begren­zun­gen für die Augen und einer U‑förmigen Aus­s­par­ung für die Nase. Hals, Schul­ter und Bauch der Flasche sind mit bänder­för­mi­gen Mustern verziert.
Gefäße mit Gesichts­darstel­lungen waren vor allem in Südosteuropa ver­breitet. Dort scheint auch die Idee zu unserem Stück hergekom­men zu sein. Die Flasche stammt aus einem Grab der Lini­en­bandker­amiker. Das Beson­dere daran ist, dass hier eine Mut­ter mit einem ganz kleinen Kind bestat­tet war. Die Knochen des Babys lagen in der Nähe des Beck­ens und der Lenden­wir­belsäule. Ob es vor oder kurz nach der Geburt gestorben war, wis­sen wir nicht.
Außer der Gesichts­flasche lagen ein hal­b­mond­för­mi­ger Anhänger aus der Spon­dylus­muschel und ein Roteisenerzbrocken mit im Grab.
Die Gesichts­flasche hatte offen­bar im Frucht­barkeit­skult eine Rolle gespielt, denn sie stellt die Gesicht­szüge einer Frau dar. Dass sie einer wer­denden Mut­ter mit ins Grab gegeben wurde, war viel­leicht Aus­druck der Ohn­macht des Menschen gegenüber dem Tod. Oder ein Opfer an die Göt­ter, denn das Gefäß war durch eine Muschelkalk­platte ver­mut­lich bewusst zer­stört worden. Nahrungs­mit­tel für den Weg ins Jen­seits waren darin jeden­falls nicht aufbewahrt.

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